„Wir wissen, wie eine gerechte Welt aussehen kann, deshalb müssen wir Verantwortung übernehmen.“

Seit 1. September ist Professorin Andrea Dietzsch Rektorin der EH Ludwigsburg, am 15. Oktober war die feierliche Rektoratsübergabe

Prof. Dr. Andrea Dietzsch

Rektorin der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg, Prof.'in Dr.'in Andrea Dietzsch

„Es ist mir eine Ehre, Rektorin der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg zu sein", sagte Andrea Dietzsch bei ihrer Antrittsrede am 15. Oktober diesen Jahres. Die Professorin für Religionspädagogik und Mutter von drei Kindern ist damit die erste Frau, die dieses Amt bekleidet. Bevor sie es übernahm, war sie fünfzehn Jahre lang in Baden-Württembergs Gymnasien tätig. Ihr Credo: „Ich habe es immer als großes Privileg empfunden, junge Menschen zu unterstützen, auf Lebensfragen eigene Antworten zu finden“.

Die Evangelische Hochschule sei der optimale Ort, ihre Erfahrungen auf diesem Gebiet einzubringen, denn die Hochschule vermittle aufs Beste, was ihr wichtig sei, nämlich Bildung, werteorientiert zu ermöglichen. „Wir bilden Menschen aus, die im sozialen Bereich dringend gebraucht werden“. Wohlstand und Wachstum seien ohne sozialen Frieden undenkbar: „Wenn Menschen in all ihren herausfordernden Lebenslagen nicht gepflegt, betreut und unterstützt werden, ist der soziale Friede und damit auch die Demokratie in Gefahr“. Genau deshalb werden die Absolventinnen und Absolventen der EH in der Gesellschaft so dringend gebraucht.

Die Hochschule befähige Studierende aus einer klaren Werteorientierung heraus, sich für Demokratie und Menschenrechte einzusetzen. Das ist für Dietzsch heute wichtiger denn je.

„Wir sind eine Hochschule in der Region, die für die Region ausbildet und dies mit einem weiten internationalen Horizont“, betonte sie. Da die Hochschule regelmäßig Kontakt zu 44 Partnerhochschulen in aller Welt pflege, „können wir so aus unserer Region in die Welt blicken, aber eben auch die Welt in unsere Region schauen lassen“. Neunzig Prozent der Studierenden stammen aus Baden-Württemberg, 86 Prozent von ihnen bleiben und arbeiten in Baden-Württemberg. Mit einem humorvollen Verweis auf ihren Vorredner Cem Özdemir, ehemals Absolvent der Hochschule und heute Regierungsmitglied in Berlin, ergänzte sie: „Wenn es dann mal einer aus Baden-Württemberg hinausschafft, dann wird er Minister“.

Ein Schwerpunkt ihrer Rede widmete sich dezidiert dem Werk des Philosophen Ernst Bloch, der sie als Theologin vor allem mit seinem zentralen Werk Prinzip Hoffnung anspreche. Im Zentrum stehe für ihn der über sich hinausdenkende Mensch, der wisse, dass er noch nicht ist. Dieses über sich Hinausdenken, diesen Überschuss, wie er es nenne, finde seinen Ausdruck in den sozialen und ökonomischen Utopien. Menschen seien in der Lage, sich Bilder einer friedlichen Welt zu machen, Frieden sei dabei nicht bloße Abwesenheit von Gewalt, sondern Verwirklichung von Gerechtigkeit: „Das ist die Hoffnungsutopie, von der Bloch spricht“. Aus dieser Hoffnungsperspektive folge das Prinzip Verantwortung, wie es der Philosoph Hans Jonas formuliert habe und das sie als Theologin weiterdenke: „Weil wir wissen, wie eine gerechte Welt aussehen kann, weil wir wissen, dass Menschen unveräußerliche Rechte zustehen und weil wir Verantwortung übernehmen können, müssen wir Verantwortung übernehmen. Hans Jonas´ ökologischen Imperativ finde ich leitend: All unser Tun muss die Folgen bedenken, die erst in ferner Zukunft spürbar werden“.

Als Rektorin wird sie sich dafür einsetzen, dass die Hochschule weiterhin Verantwortung für unsere Demokratie als Voraussetzung für Wissenschaftsfreiheit übernimmt: „Wir tun dies, indem wir es unseren Studierenden ermöglichen, sich nicht nur fachlich, sondern auch ethisch, theologisch und religionssensibel zu bilden “. In heterogenen Gruppen sollen sie miteinander und nicht übereinander sprechen: „Ich glaube, dass nur dann Demokratie und sozialer Friede herrscht, wenn Menschen miteinander über ihre Ideen und Positionen, religiösen und ethischen Haltungen sprechen“. Eine solche werteorientierte Bildung ermögliche, dass Kirche eine relevante Akteurin in der Gesellschaft bleibt. Deshalb dankte Dietzsch ausdrücklich der Synodalpräsidentin Sabine Foth und dem Kollegium des Oberkirchenrats: „Die finanzielle Trägerschaft ermöglicht, dass wir Kirche in der Gesellschaft sind und dass wir Kirche für die Gesellschaft sind und das auch weiterhin sein können“.