Evaluation der Integrationsoffensive Baden-Württemberg
Die Integrationsoffensive Baden-Württemberg ist das Förderprogramm für Projekte der offenen, verbandlichen und kulturellen Kinder- und Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit zur Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Baden-Württemberg. Mit dem vorhandenen Geld werden Träger bei der Planung und Umsetzung ihrer Integrationsprojekte fachlich beraten und finanziell unterstützt.
Mit der Evaluation des Programms wurde das Institut für Antidiskriminierungs- und Diversityfragen (IAD) beauftragt. Ziel war es, 24 Projekte der Integrationsoffensive Baden-Württemberg aus unterschiedlichen Perspektiven zu evaluieren. Ausgehend von den Erfahrungen und Bewertungen der ProjektleiterInnen sollten das Projektmanagement, die Projektabläufe und die Erfahrungen bzw. Entwicklung interkultureller Kompetenzen in den Projekten überprüft werden. Anhand dieser Evaluation können allgemeine Erkenntnisse gewonnen werden, die für die Ausgestaltung und möglicherweise Verbesserung zukünftiger Projekte maßgeblich sind. Zu diesem Zweck wurden die Projekte befragt nach:
- Motivation, Haltung und Hintergründen des Projekts
- Möglichen Veränderungen im Projekt
- Welche Faktoren spielen eine Rolle bei der Veränderung von Ideen und Zielen?
- Beratungs-/Qualifizierungswünschen
- Wie wird Interkulturelle Kompetenz/Pädagogisches Handeln im Praxiskontext wahrgenommen?
Aus der Auswertung der durchgeführten Befragungen lassen sich folgende Empfehlungen für die interkulturelle Projektarbeit generieren:
a. Rahmenbedingungen:
- Legen Sie klare Zielsetzungen fest und definieren Sie die zu erreichenden Kompetenzen SMART: Spezifisch, Messbar, Aktionsorientiert, Realistisch und Terminiert.
- Behalten Sie den Gesamtprozess der Organisationsentwicklung im Blick und sorgen Sie für eine nachhaltige Entwicklung; führen Sie dazu eventuell Zwischen-evaluationen durch.
- Achten Sie darauf, dass die Organisation des Veränderungsprozesses kultursensibel erfolgt: Menschen jeglicher Herkunft, Religion oder Weltanschauung sollen respektiert und wertgeschätzt werden; niemand darf außer Acht gelassen werden.
- Nehmen Sie bei Bedarf externe Unterstützung in Anspruch und lassen Sie sich von interkulturell ausgebildeten WissenschaftlerInnen oder kulturellen MittlerInnen beraten.
b. Inhalte:
- Migrationsprozesse stellen verallgemeinernd betrachtet einen Motor für gesellschaftliche Veränderungen und Modernisierung dar. Sehen Sie MigrantInnen als Akteure an, die neues Wissen, Erfahrungen, Sprachen und Perspektiven in unterschiedliche soziale Zusammenhänge einbringen und diese mitgestalten.
- Integration bedeutet vor allem die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Sorgen Sie für Kontakte zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationsbiographie, thematisieren Sie die theoretischen Hintergründe und verhindern Sie so Vorurteile und Diskriminierung.
- Erstellen Sie eine Homepage in mehreren Sprachen, sodass sich auch Jugendliche mit begrenzten Deutschkenntnissen über Ihre Angebote informieren und daran teilnehmen können.
- Motivieren Sie die Eltern zum Engagement in Ihrem Projekt, beziehen Sie MigrantInnenorganisationen mit ein und schaffen Sie einen face-to-face-Kontakt zum Umfeld der Jugendlichen. Durch solche Netzwerke können Zugänge geschaffen und Potentiale genutzt werden.
- Jugendliche mit Migrationshintergrund sind oft mit unterschiedlichen, sich zum Teil widersprechenden kulturellen Kontexten konfrontiert. MitarbeiterInnen müssen sich von Zugehörigkeitsmustern verabschieden und eine Kommunikationskultur schaffen, in der die Bedürfnissen von Jugendlichen thematisiert werden und eine Verständigung über mögliche Lösungsansätze in konkrete sozialpädagogische Angebote mündet.
- Erkennen Sie kulturelle Vielfalt und Verschiedenheit an und sprechen Sie mit den Jugendlichen bei Bedarf über ihr Verständnis von Kultur. Überlassen Sie es jedoch den Jugendlichen selbst, ob sie ihrer Migrationsgeschichte Bedeutung beimessen oder nicht. Interkulturelle Jugendarbeit muss diese Selbstdefinition Jugendlicher ernst nehmen und angemessen berücksichtigen.
- Ermutigen Sie die Jugendlichen, in ihrem eigenen, überschaubaren, gestaltbaren multikulturellen Lebensraum Erfahrungen zu machen und Verantwortung zu übernehmen.
- Sehen sie Probleme als Herausforderungen an; erstellen Sie ein flexibles Konzept, dass auch auf veränderte Rahmenbedingungen angepasst werden kann.
c. Reflexive Kompetenzen:
- Werden Sie sich der in der Gesellschaft vorhandenen Ausgrenzungsmechanismen und Machstrukturen bewusst und überprüfen Sie Ihren eigenen Umgang mit kultureller Heterogenität. Entwickeln Sie die Fähigkeit zur Selbstreflexion und verabschieden Sie sich von liebgewonnenen „Wahrheiten“.
- Entwickeln Sie eine Anerkennungshaltung und begegnen Sie den Kindern und Jugendlichen auf Augenhöhe. Dies motiviert besonders Jugendliche mit mangelndem Selbstbewusstsein und unzureichenden Zukunftsperspektiven; sie werden ermutigt und wertgeschätzt.
- Realisieren Sie unbewusstes rassistisches und diskriminierendes Verhalten in der Gesellschaft und der eigenen Organisation, sprechen Sie involvierte Personen darauf an.
Projektende: April 2013
Dieses Projekt wurde gefördert durch den Europäischen Integrationsfonds.